Kapitel  Drei Die Verwandlung

Die Fundamente werden gelegt

Nachdem Paul Twitchell die Verbindung mit Kirpal Singh abgebrochen hatte, begann er die Fundamente für seine eigene religiöse Bewegung zu legen. Ab Ende 1963 bis Oktober 1965 entwickelte er die Grundlagen für Eckankar, sein eigenes Gegenstück zu Ruhani Satsang, Scientology und anderen religiösen und okkulten Gruppen. Er brachte eine Anzahl von Artikeln über seine neue Bewegung in Zeitschriften wie "Orion", "Search" und dem "Psychic Observer" heraus.

"Paul Twitchell, Man of Parts", ein Interview von Jack Jarvis vom Seattle Post Intelligencer, scheint der erste Artikel überhaupt zu sein, in dem über Twitchell und seine neue Gemeinschaft Eckankar berichtet wurde. Das Interview wurde am 9. Juli 1963 geführt. Twitchells späterer Artikel: "The Square Peg" wurde als Antwort auf Jarvis' Interview geschrieben. Twitchell berichtete von Telefonanrufen und Briefen in denen er gefragt wurde: "Was um Himmels Willen ist ein Cliff-Hanger?" (ungefähr übersetzbar mit: Felsenhänger). Im Artikel "Square Peg" antwortet Twitchell:

"Der "Cliff-Hanger" ist ein Ein-Mann-Kult. Ich bin der ursprüngliche Cliff-Hanger und dessen einziger Jünger. Dieser Mensch wird die Vorhut einer neuen Religion mit dem Namen "Eckankar" sein, einem Hindu-Wort, das "Einheit mit Gott" bedeutet. Diese ungewöhnliche Philosophie fand verbreitet Anklang unter europäischen Intellektuellen und Hochschulkreisen, die die Veröffentlichungen meiner Arbeiten in europäischen Zeitschriften verfolgt haben. Der Cliff-Hanger sucht Trost in der Meditation und in außerkörperlichen Erfahrungen, welche schon den Altchristen bekannt waren."

"Eckankar, die Philosophie von der Bilokation ("Eckanar, The Bilocation Philosophy") herausgegeben vom Orion Magazine of Lakemont, Georgia, im Januar 1964, scheint Twitchells erster Artikel zu sein ,der sich ausschließlich seiner neuen "Bilokationsphilosophie" widmet. Twitchell schreibt:

Eckankar (...) ist das Ergebnis der Erfahrungen, die ich auf außerkörperlichen Reisen machte, ähnlich denen, die in den Biographien der Heiligen aller Glaubensrichtungen beschrieben sind. Eckankar ist die Philosophie der außerkörperlichen Erfahrung.
[Paul Twitchell, "Eckankar: The Bilocation Philosophy," Orion Magazine (Januar 1964)]

Im selben Artikel erklärt Twitchell den Unterschied zwischen Eckankar und den orthodoxen östlichen Philosophien:

Die orthodoxen östlichen Philosophien lehren, dass der Mensch eins mit Gott werden muss, aber ich kann dieses Konzept nicht unterstützen. Das individuelle Selbst des Menschen wird ein Mitarbeiter Gottes und nicht ein Teil Seiner Einheit ...

Obwohl Eckankar nach Angaben von Twitchell nicht vor dem 22. Oktober 1965 gegründet wurde, waren dem dennoch mehrere Jahre der Vorbereitung vorausgegangen. Der Psychic Observer in Southern Pines, North Carolina veröffentlichte mehrere Artikel von Twitchell vor dem Jahre 1965. "The Cliff-Hanger" wurde im Juli 1964 gedruckt:

Eckankar, das sich auf meinen eigenen Erfahrungen aufbaut, ist der Name für die Philosophie, die ich für den Cliff-Hanger entwickelt habe. Es basiert auf Shabd-Yoga, einer äußeren Form des Yoga. Das Wort ist der Hindu-Begriff für den kosmischen Tonstrom, der in unserer Sprache eher als der kosmische Strom Gottes bekannt ist.


Im Artikel "Die Gottesser" vom November 1964 für den Psychic Observer, spricht Twitchell ausführlich über die Hauptantriebskraft bei Eckankar:

Eckankar ist die Philosopie von "phardar pax Latehue walae", Ihnen bestimmt besser als die "Cliff Hanger" bekannt. Dies erfuhr ich auf meinen Reisen nach Agam Des, dem Land der Gottesser. Der erste Grundsatz dieser Philosophie ist: Macht ist die einzige Kraft, die durch okkultes Wissen angetrieben wird.

Somit bildeten eine Reihe von Artikel über die Philosophie von Eckankar und über die exzentrische Persönlichkeit des "Cliff-Hangers" die allgemeine Grundlage für Eckankar. Brad Steiger fragte Twitchell in seiner Biographie "In meiner Seele bin ich frei", wann er sich denn nun wirklich niedergelassen und darüber nachgedacht hätte, wie er die Lehre von Eckankar verbreiten würde. Twitchell antwortet:

Wahrscheinlich 1959, als meine Schwester Kay Dee starb.

Als Antwort auf Steigers Frage, wann er denn vom "Cliff-Hanger" zu einem spirituellen Adepten wurde, sagt Twitchell:

Die Veränderung vom Cliff Hanger zu Eck fing an, als ich meine jetzige Frau Gail kennen lernte. Sie bestand darauf, dass ich etwas aus meinem Wissen und meinen Fähigkeiten machen sollte.
[Brad Steiger, In My Soul I Am Free (San Diego: Illuminated Way Press, 1974), Seite 64]

Nachdem er eine Vorlesungsgenehmigung von Edna Rice an der California Parapsychology Foundation in San Diego erhalten hatte, leitete Twitchell einen sechsmonatigen Lehrgang über die Kunst der Bilokation. Obwohl der Lehrsaal, in dem Twitchell seine Vorlesungen hielt, fast immer bis auf den letzten Platz gefüllt war, waren es nicht seine Redekünste, die seine Anhänger mitriss. Es waren eher seine Briefwechsel-Kurse über Eckankar, die die Mehrzahl seiner Anhänger (oder "Chelas", wie er sie nannte) zu ihm und zu seiner neuen Philosophie hinzog.

Jim Peebles schreibt in seinem Schriftstück "Eckankar: The Ancient Science of Soul Travel" (Term paper, California State University, Northridge, 1977):

Obwohl Eckankar gemeinnützig ist, ist es auch ziemlich teuer. Die Texte, die ein treuer Eckist erwerben muss, kosten zwischen $2.00 und $10.00. Der Durchschnittspreis beträgt $7.00 (Man muss bedenken, dass es über 20 Texte sind). Ein Eckist erhält jedes Jahr mindestens einen Satz Kurse. Dafür bezahlt er $85.00 für jeden Satz (es gibt davon zur Zeit sieben Kurse für Erwachsene).

Das war 1977. Seitdem sind die Preise erheblich gestiegen.

In der Ausgabe des Orion Magazines vom Juli/August 1965 veröffentlichte Twitchell die Anzeige "The Illuminated Way to God" (Der erleuchtete Weg zu Gott). Es war die erste Anzeige dieser Art. Sie lautete folgendermaßen:

Bilokation ist der Erleuchtete Weg des Höchsten Bewusstseins. Es ist der geheime Weg, den alle Meister gehen, um das höchste aller Universen zu erreichen. Man muss die bewusste Loslösung des Bewusstseins vom Körper erlernen. Dies wird das Bewusstsein erweitern, bei der Lösung von Problemen helfen und den spirituellen Einblick in die eigenen Akasha-Chroniken und die geheimen Welten ermöglichen. Neue Techniken. Für weitere Information schreiben Sie an: Paul Twitchell, P. O. Box 13052, San Diego, California 92113.

Später brachte Twitchell eine ganzseitige Anzeige mit seinem Foto im Orion Magazine heraus. Die Überschrift lautete: "Eckankar, die geheime Lehre des Seelenreisens". Ähnliche Anzeigen wurden auch in anderen okkulten Zeitschriften wie dem New Cosmic Star herausgebracht.

Nach Angaben von Twitchells fand die offizielle Gründung von Eckankar nicht vor dem 22. Oktober 1965 statt. Twitchell behauptet, in jener berühmten Nacht den "Stab der Macht" (die Übergabe der Nachfolge) von Rebazar Tarzs, einem angeblich 500 Jahre alten tibetanischen Mönch, überreicht bekommen zu haben. Er behauptet selbst, dass der Tibetaner ihm seit Anfang der 50er Jahre in seinem Atma Sarup (Lichtkörper) erschienen ist.

Bezüglich Rebazar Tarzs und der Gründung von Eckankar schreibt Twitchell:

Wir heirateten 1964 in San Francisco, und kurz darauf begann Rebazar Tarzs mir regelmäßig zu erscheinen, um mir genaue Anweisungen zu geben. Er war bereits regelmäßig Ende der 50er Jahre erschienen, aber er sagte, dass diese Sitzungen nur dafür gedacht seien, um mich auf die anstrengende Schulung, die mir jetzt bevorstand, vorzubereiten. Er sagte mir, ich solle nach San Diego ziehen. Mein erster Vortrag außerhalb der Stadt fand in Long Beach statt. Die einzigen Besucher waren drei nette Damen - zwei Witwen und eine alte Jungfer. Ich entschied, das ich genau so gut vor drei Personen sprechen konnte wie vor dreihundert. Eckankar sprach sich herum, und so entschied ich mich, monatliche Kurse zu schreiben und Anweisung per Post zu geben. Die Zahl der Chelas wuchs in weniger als drei Jahren von drei auf mehrere Tausend an.
[Brad Steiger, op. cit., Seite 64-65]