Anhang Eins Die Neuen Wege

Dr. Bhagat Singh Thind

Anfang des 20. Jahrhunderts immigrierten viele Sikhs über Kanada in die USA. Einer von ihnen war Dr. Bhagat Singh Thind, der sowohl ein spiritueller Lehrer und ein Verfechter der Rechte der Inder war. Er war in den bekannten Gerichtsfall "Die Vereinigten Staaten vs. Dr. Bhagat Singh Thind" verwickelt, in dem er bestrebt war, rassistische Barrieren mit dem Argument zu umgehen, dass Inder Kaukasier seien.

Während der 20er und 30er Jahre schrieb Thind eine Reihe von Büchern und leitete im ganzen Land Kurse über Metaphysik. Thind behauptete zu dieser Zeit, wie er das auch vor seinem Tod in den späten 60ern tat, dass seine spirituelle Inspiration aus der Sikh-Religion stammte. Laut Kirpal Singh jedoch war Thind in Wirklichkeit ein Initiierter unter Sawan Singh des Radhsoami Satsang Beas und benutzte dessen Lehren ohne sich auf diesen zu beziehen. Anstatt Sikh-Doktrine zu benutzen, entnahm Thind angeblich seine Ideen der Radhasoami-Lehre, und vertuschte deshalb seinen wahren religiösen Ursprung. Kirpal Singh dazu:

Als ich nach Amerika ging, gab es da einen feinen Herrn, er ist bereits verstorben, ein Sikh, der Vorträge gegen Bezahlung gab. Sein Name war Dr. Bhagat Singh Thind. Er heiratete eine Französin. Er war von Baba Sanwan Singh initiiert worden, das weiß ich ganz gewiss. Als er sein erstes Buch schrieb: "Radiant Road" (Thind hatte vor 1939 mehrere Bücher geschrieben) sandte er eine Kopie an Baba Sawan Singh. Der gab sie an mich weiter. Es war eine Kopie dessen, was ich geschrieben hatte. Ich wollte ihn treffen, aber er wich mir immer aus. Ich war vier Monate in Amerika und bat ihm um sein Programm, aber er änderte das Programm. Wir haben uns nie getroffen. Er behauptete, Baba Sawan Singh noch nie gesehen zu haben, und keine Ahnung habe, dass sein Buch ‚Radiant Road' eine exakte Übersetzung eines Teiles meines Buches sein solle.

Der eigentliche Grund, warum Thind wegen Urheberrechtsverletzung angeklagt wurde, war nicht der, dass er dem Radhasoami-Glauben ähnliche Konzepte benutzt hatte, sondern die Form, wie er seine Botschaft verbreitete. Die Verwirrung darüber, aus welchem Buch er tatsächlich abgeschrieben hatte (Sach Bachan Radhasoami, Gurmat Sidhant oder With a Great Master in India) beleuchtet die Kernfrage: Warum sollte Dr. Bhagat Singh Thind alle Paramarthi-Doktrine des Radhasoami benutzen, aber deren Ursprung und seine umstrittene Verbindung mit dem Satsang verleugnen? Diese Frage werden wir genauer im letzten Teil dieses Kapitels untersuchen. Denn das Verleugnen seiner Ursprünge ist unter bestimmten Neo-Gurus und Religionsbewegungen nichts Unübliches.